MUCH BETTER, THANK YOU

Dissonante Melodica-Wölkchen schweben über stoischen Gitarrenakkorden, unterlegt mit einer dräuenden Basslinie. Much Better, Thank You eröffnen ihr zweites Album druckvoll und wild. Erstmals machte die Band 2015 mit „Concrete Memories“, ihrer Single „gegen das Vergessen – zum 70. Jahrestag der Auschwitz-Befreiung“, auf sich aufmerksam.
Nun legen die fünf Musiker neun neue Songs vor, darunter zwei Coverversionen, die im Gegensatz zu den Eigenkompositionen mit deutschem Text daherkommen. Fast hat man das Gefühl, die Band nutzt diese Songs zur Selbstverortung zwischen „Das Model“ von Kraftwerk und „Zu Asche, zu Staub“ aus der Serie Babylon Berlin; im Original nicht gerade Songs, die man sich gut von einer Gitarrenband vorstellen konnte, doch MBTY haben ihr musikalisches Vokabular so stark erweitert, dass sie das scheinbar mühelos meistern.
„The House is Moving“, der Titeltrack des Albums, spiegelt das künstlerische Potential der Band beeindruckend wider. Er beginnt im Wohnzimmer, jedenfalls hört sich das Intro, gespielt auf einer einsamen Akustikgitarre, so an. Zaghaft, erst suchend, dann klar und kräftig, gesellt sich eine Geige dazu, dann eine E-Gitarre. Es vergeht viel Zeit, ehe Schlagzeug und Bass einsetzen und sich die Tür zum Sound des Songs vollends öffnet.
Heidis Stimme, eindringlich und tieftraurig, trägt durch die kargen Lyrics. Ab der dritten Strophe verstärkt eine blutrot sägende Gitarre die Intensität. Schnell schwindet das gute Gefühl; die Geige spendet keine Kraft, sondern saugt sie auf. Irgendwann weiß man nicht mehr: Ist das eine Geige, sind es zwei? Ist das pure Schönheit oder Dissonanz?
„Two Yellow Lanes“ träumt im 5/4-Takt. Der Offbeat von „Summerland Suite“ lädt zum Tanz zwischen Wollust und Wehmut. „Kite Runner“ schleicht sich an, mit einem angedeuteten Tango, und schwingt sich - zwischen Gedanken zum Mensch und seiner Bezugsgruppe - auf zu einer pompösen Wall of Sound, in der eine Bassklarinette die Gitarrenwände aufbricht und irische Melodien und französischen Chanson hereinlässt. An manchen Stellen horcht man überrascht auf, zum Beispiel, wenn in “Hot Deal” eine archaische Begleitautomatik aus den 70ern erklingt. „Fishtank“, ein wenig versöhnlicher Walzer, schließt den Reigen - Happiness comes only at the bottom of a bottle, when you forget that you had bigger dreams. You always wanted more than this.
Angst vor Stilbrüchen? Nein, niemals!Die Band hat durchgängig einen kompakten Bandsound entwickelt, der es versteht, seine Hörer herauszufordern, sie aber nie überfordert. Gekonnt arrangierte Gitarren, dynamische Drums, treibende Basslinien und darüber die sphärische Stimme von Heidi Engel. Much Better, Thank You sind gelandet, Meilen entfernt von ihrem Ursprung, aber glücklich im täglichen Unglücklichsein. The House is burning, my head is spinning. Ein Album voller Kraft und verstörender Schönheit.