the iron lung quintet - For The Birds, All For The Birds (CD)
Alle paar Jahre fühlt sich der Herbst anders an als sonst. Sonniger, warm und freundlich. Der Himmel klärt auf, der Horizont ist weit und die Zugvögel, sie flüchten nicht, sie reisen. Alle paar Jahre erscheint ein Album vom iron lung quintet.
Diese Band ist ein Phänomen. Seit mehr als 20 Jahren trotzen die fünf Hamburger der atemlosen, hektischen Belanglosigkeit der Musikwelt. Mit seinen liebevoll arrangierten Alben hat es einen ganz eigenen Klangkosmos erschaffen, in dem vieles Platz hat. Wenn man will, so findet man Anleihen aus Folk, Indiepop, Swing, Surf, Shoegazer, Ambient, Postrock und Jazz. Aber am Ende ist es einfach zeitlos schöne Musik, mit einer atmosphärischen Dichte, die ihresgleichen sucht.
Auf ihrem - natürlich - im Herbst erscheinenden neuen Album for the birds, all for the birds sind Trost und Hoffnung die bestimmenden Themen. Mit lakonischem Sprachwitz ausgestattet, beschwört das iron lung quintet die tröstende Kraft der Musik und schafft damit Textzeilen für die Ewigkeit. „Death takes you places where irony won´t go“ heißt es zu Beginn des Songs the theory of everything, einem country-esken Abgesang auf die Existenz einer Weltformel. Und wenn dann im Refrain diese zärtliche flirrende Gitarre einsetzt, erschließt sich ganz unmittelbar, was das Quintet meinen mag, wenn es singt: „at the end of the day/ you need a tune that will comfort you/everything else remains a scheme/some draft, some dry/theory“.
Überhaupt, die Gitarren. Sie schweben, zittern, schwelgen und betören an allen Ecken und Enden, mit einer stilistischen Bandbreite, die von krachendem Wall of Sound á la Sonic Youth über verträumten Dreampop (Ride, My bloody Valentine) bis hin zu Country- und Americana-Akustik (Calexico, Matt Berninger) reicht.
Wer das iron lung quintet aber als Gitarrenband abtut, der irrt. Die Hamburger bleiben auf for the birds, all for the birds ihrem Ruf als Indie-Orchester treu und setzen in ihren aufwändigen Arrangements opulente Streicher- und Bläsersätze, Percussion und Elektronika, Klaviere, Synthesizer und Gott-weiß-was-noch ein. Und immer wieder überrascht das Album mit herrlichen Posaunen, die einem das Herz aufgehen lassen, so etwa in der wahnwitzigen Adaption der Komposition „butterfly“ des ukrainisch-kanadischen Pianisten Lubomyr Melnyk. Im Original ein reines Instrumental-Klavierstück, wird es in den Händen des iron lung quintet zu einer ausgefuchsten, fast jazzig anmutenden Hymne auf die Leichtigkeit des Sommers („great summer lightness“).
All dies fügt sich wunderbar ein in eine Soundfläche, an der Mixing Engineer Tobias Levin (der schon Alben u.a. von Tocotronic, Ja Panik, Messer, Nils Koppruch und Gisbert zu Knyphausen mischte) einen gehörigen Anteil hat. Die dichte Atmosphäre des Albums hat häufig etwas von Filmmusik. Und unwillkürlich wünscht man sich, es gäbe die Filme, die das musikalische Storytelling der fünf Hamburger aufgriffen und weitererzählten. Diese Filme, sie wären schön, warm und tröstlich.
01 All The While
02 Flip, The Bird
03 The Taste Of Blood
04 Heavy Weight
05 The Sea Waits Patiently
06 Why Do Dogs Look At You Like That
07 Paper, Scissors, Stone
08 Theory Of Everything
09 Panorama Inn
10 Sky Remains The Same
11 Great Summer Lightness
12 Oh, Gravity